Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Lebenserfahrung, um die Zusammenhänge zwischen Nachhaltigkeit und Armut zu verstehen Wie kann eine Politik der Nachhaltigkeit wirklich allen dienen und sicherstellen, dass niemand - insbesondere nicht die von Armut betroffenen Menschen - zurückgelassen wird? Diese Leitfrage steht im Mittelpunkt unseres Projekts zu Armutsbekämpfung und Nachhaltigkeit, bei dem wir die ein System-Mapping-Ansatz um die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) zu analysieren. “Können Sie sagen, was mit den endgültigen Ergebnissen Ihrer Forschung geschehen wird, wenn das Ministerium sie erhalten hat? Was werden sie ändern?” - so lautete eine der Schlüsselfragen eines von Armut betroffenen Bürgers, der an unserem ersten partizipativen Workshop im Rahmen des Projekts teilnahm. Klima und Armut Forschungsprojekt. Diese einfache Frage war für uns ein klarer Hinweis darauf, dass partizipative Prozesse nur dann sinnvoll sind, wenn das geschaffene Wissen in die Umsetzungsprozesse einfließt und diese leitet. Wissenschaftliche Expertise mit gelebten Erfahrungen verbinden Die transdisziplinärer Ansatz Im Mittelpunkt des Projekts steht die Kombination wissenschaftliche Kompetenz mit Erkenntnissen aus der gelebte Erfahrungen der von Armut betroffenen Menschen. Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wurden partizipative Workshops durchgeführt, um mitgestalten die erste Systemkarte der Armut zu erstellen und die Forschungsergebnisse zu validieren. Die Systemkartierung ermöglicht es, nicht nur direkte, sondern auch indirekte Verbindungen und Interdependenzen (z. B. sich verstärkende Rückkopplungsschleifen) zwischen z. B. politischen Strategien, gesellschaftlichen und individuellen Einstellungen und einem bestimmten Phänomen, wie in diesem Fall der Armut, zu visualisieren. So beeinflusst beispielsweise die Verfügbarkeit von Kinderbetreuung die Arbeitsteilung in den Haushalten, wodurch die Verfügbarkeit von Frauen auf dem Arbeitsmarkt und die Kontinuität ihrer Beschäftigung beeinträchtigt werden. Die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist hier eine sich verstärkende Rückkopplungsschleife. Die Art und Kontinuität der Beschäftigung beeinflusst den finanziellen Status der Frauen sowie ihre künftige Rente, was im Falle einer geringen und unterbrochenen Beschäftigung schließlich zu Armut bei älteren Frauen führen kann. Partizipative Workshop-Reihe Zwei Workshops fanden im Bürgerzentrum im Stadtteil Nippes in Köln, Deutschland, statt, in Zusammenarbeit mit Zug um Zug e.V., mit einem starken Fokus auf die Perspektiven der direkt von Armut betroffenen Menschen. Zwei weitere Workshops wurden in den CSCP-Büros in Wuppertal, Deutschland, in Zusammenarbeit mit dem Nachbarschaftliches Zentrum, und brachte eine gemischte Gruppe von Teilnehmern aus Wissenschaft, Politik und von Armut betroffenen Gruppen zusammen. Teilnehmer identifiziert Schlüsselfaktoren, die die Armut beeinflussen und begann, diese Elemente miteinander zu verbinden, um ihre Wechselbeziehungen zu visualisieren. Diese Erkenntnisse bildeten die Grundlage für die nächste Projektphase, die sich auf die Analyse von Risiken und Risikominderungspotenzialen innerhalb Nachhaltigkeitsstrategie und Klimaanpassungsstrategie des Landes NRW. Die Workshop-Reihe diente als wichtige Plattform für die Formulierung von politischen Empfehlungen, die sowohl sozial gerecht als auch realitätsnah sind und sicherstellen, dass Nachhaltigkeitsstrategien niemanden zurücklassen. Die wichtigsten analytischen Ergebnisse beider Strategien, die Nachhaltigkeitsstrategie, die derzeit überarbeitet wird, und die Klimaanpassungsstrategie, zeigen ein zweideutiges Bild. Die Strategien enthalten zwar Aktivitäten, die potenziell die Armut verringern (wie Bildung, Beschäftigungsmöglichkeiten, Gesundheitsprävention), weisen aber blinde Flecken in Bezug auf die Armutsbekämpfung auf, die zu einer Verschärfung der Armut führen könnten. Die größten Lücken sind die steigende Kosten für Wohnen und Energie, Jugendarbeitslosigkeit, Ausbildungsprogramme für Arbeitsloseund ungleicher Zugang zur digitalen Infrastruktur. Sowohl in Köln als auch in Wuppertal schätzten die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, ihre Erfahrungen und Perspektiven einzubringen, und stellten fest, dass sie in den Diskussionen und Entscheidungsprozessen zur Nachhaltigkeitspolitik oft nicht vertreten sind. Gleichzeitig betonten Vertreter von Ministerien den Nutzen eines direkten Dialogs mit von Armut betroffenen Bürgerinnen und Bürgern und meinten, dass solche Dialogforen mit gefährdeten Gruppen häufiger stattfinden sollten, insbesondere in der Entwurfsphase neuer politischer Strategien. Erwartete Ergebnisse Bis Ende 2025 zielt das Projekt darauf ab, die Nachhaltigkeitsstrategie und die Klimaanpassungsstrategie des Landes NRW aus einer sozialen Perspektive zu analysieren, um mögliche Risiken zu identifizieren, die Nachhaltigkeitsmaßnahmen für von Armut betroffene Menschen darstellen. Darüber hinaus soll ermittelt werden, welche Risikominderungspotenziale bereits in den bestehenden politischen Maßnahmen enthalten sind, und es sollen weitere politische Empfehlungen entwickelt werden, um die soziale Gerechtigkeit der Strategie zu erhöhen und einen gerechten Übergang zu gewährleisten. Das Projekt wird von dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen und läuft von August bis Dezember 2025, wobei das CSCP die Projektleitung hat. Die Forschungsergebnisse werden Ende 2025 in unserer CSCP-Website-Bibliothek veröffentlicht. Wenn Sie mehr über dieses Projekt erfahren oder mit uns über die Wechselbeziehung zwischen Nachhaltigkeitspolitik und Armut diskutieren möchten, wenden Sie sich bitte an Alexandra Kessler.